On Balance Volume Indikator
Der On Balance Volume Indikator (OBV) wurde von Joe Granville im Jahr 1963 in seinem Buch „Granville’s New Key to Stock Market Profits“ vorgestellt und geht zurück auf eine Veröffentlichung von Woods und Vignolia aus dem Jahre 1946, in der praktisch der gleiche Indikator als Cumulative Volume bezeichnet wurde. Der On Balance Volume Indikator gehört damit zu den sehr frühen Volumen Indikatoren in der Chartanalyse.
Erklärung
Mit dem OBV soll aufgezeigt werden, ob Liquidität in einen Markt oder einen Basiswert hinein- oder herausfließt. Vor allem großen Marktteilnehmern wird dabei eine besondere Rolle zugemessen. Der On Balance Volume Indikator stellt dabei auf einfache Weise eine lineare Verbindung zwischen der Kursdifferenz von Handelstag und Vortag mit den gehandelten Volumen her. Wenn der Kurs am Handelstag höher ist, wird einfach das Volumen zum OBV des Vortages addiert und im umgekehrten Fall subtrahiert.
Ziel ist es die Aktivitäten des „großen“ Kapitals anzuzeigen, die situativ mehr Volumen in den Markt bringen oder abziehen. Dabei wird implizit unterstellt, dass es einen zeitlichen Gap zwischen Volumenveränderungen und Preisveränderungen gibt und daraus bevorstehende Trendveränderungen oder auch eine Signalbildung abgeleitet. Untersucht werden dabei vor allem die Divergenzen zwischen Volumen und Basiswert.
Die Technik beim OBV wurde später von Mark Chaikin in dem von ihm entwickelten Accumulation Distribution Line (ADL) weiterentwickelt. Der ADL berücksichtigt ebenfalls das Volumen.
Allerdings geht das Volumen nur mit einem gewichteten Anteil in die Erklärung der Kursveränderungen ein und schafft somit ein realistischeres Bild, als der On Balance Volume Indikator, der mit einem rein linearen Zusammenhang zwischen Kursdifferenz und Volumen operiert. Bei besonders großen Kurssprüngen, die auch das Mitmischen großer Marktteilnehmer implizieren, geht das in der Berechnung des ADL zu berücksichtigende Volumen mit einer stärkeren Gewichtung ein.
Vor- und Nachteile
einfach zu berechnen
liefert einen Zusammenhang zwischen Kursen und Handelsvolumen
Ablesen von Trendveränderungen aus Divergenzen zum Kurs möglich
stark nachlaufender Indikator
in trendlosen Märkten ungeeignet
Bildung des On Balance Volume Indikator
Die Berechnung des On Balance Volume Indikator ist relativ simpel. Zunächst wird der Tageskurs mit dem des Vortages verglichen. Ist der Tageskurs höher als der des Vortages, wird zum OBV des Vortages das Handelsvolumen von heute addiert. Wenn der Kurs niedriger ist, wird vom gestrigen On Balance Volume Indikatorwert das Handelsvolumen von heute subtrahiert:
wenn C(t) > C(t-1), dann OBV (t) = OBV(t-1) + V(t)
wenn C(t) < C(t-1), dann OBV (t) = OBV(t-1) – V(t)
wenn C(t) = C(t-1), dann OBV (t) = OBV(t-1)
Der On Balance Volume Indikator wird fortlaufend für jede Periode berechnet und kann dann als Linie sowie als Divergenz-Balkendiagramm abgebildet werden.
Interpretation und Anwendung
Untersuchungsgegenstand des On Balance Volume Indikator sind vor allem Divergenzen zwischen der Kursbewegung und der Veränderung des OBV. Wenn ein neues Hoch oder ein neues Tief des Basiswertes nicht durch ein neues Hoch oder Tief des On Balance Volume Indikators abgedeckt ist, zeichnet sich ein Trendwechsel ab.
Zunehmend neue Hochs im OBV können als Aufwärtstrend und zunehmend neue Tiefs als Abwärtstrend interpretiert werden. Bei Seitwärtsbewegungen im OBV kann keine Trendbestimmungen erfolgen. Bei volatilen Seitwärtsphasen des Basiswertes liefert die Anwendung des On Balance Volume Indikator keine brauchbaren Ergebnisse.
Wer möchte, kann auch Moving Averages anlegen. Genauso können für obere und untere Bereiche Widerstands- und Unterstützungslinien angelegt werden. Bei Über- und Unterschreiten können dann auch Kauf oder Verkaufssignale abgeleitet werden, die jedoch bestätigt werden sollten.
Trader sollten vor allem darauf achten, dass es sich um kein frühes Kauf- oder Verkaufssignal handelt und schon daher zusätzlich mit anderen Indikatoren arbeiten. Hinzu kommt die Problematik, dass ein linearer Zusammenhang zwischen Kursen und Volumen hergestellt wird.
Entscheidungen, die über den On Balance Volume Indikator getroffen werden, sind reine Folgeentscheidungen auf Basis von bereits am Markt platzierten Volumina, die sich so nicht fortsetzen müssen.
Fazit
Der On Balance Volume Indikator stellt eine lineare Beziehung zwischen Kursveränderungen und gehandeltem Volumen her. Zu seiner Zeit (1960er-Jahre) war das sicher ein Fortschritt, jedoch gibt es heute wesentlich weiter entwickelte Indikatoren wie die Accumulation Distribution Line (ADL) oder der Money Flow Index Indikator, die versuchen, eine realistischere Gewichtung des Handelsvolumens für die Kursentwicklung abzubilden.
Dennoch kann der OBV-Indikator in Trendphasen einige brauchbare Aussagen liefern. Aus den Divergenzen zur Kursentwicklung des Basiswertes lassen sich bevorstehende Trendwechsel ableiten. Stark eingeschränkt lassen sich auch Kauf- oder Verkaufssignale ableiten, in dem zum Beispiel Unterstützungs- und Widerstandslinien auf die Volumenveränderungen angelegt werden.
Empfohlen wird dies jedoch nur für kurzfristige Trades, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass noch größere neue Volumina in oder aus den Märkten nachlaufen.
In trendlosen Märkten werden keine brauchbaren Ergebnisse geliefert. Trader sollten neben dem On Balance Volume Indikator zusätzlich noch andere Indikatoren für ihre Trading-Entscheidungen heranziehen.
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